Im deutschen Pensionsfondswesen ist derzeit Bewegung. Jetzt wurden einige Einzelheiten und Hintergründe auch zu der Motivlage des Fahrzeug- und Maschinenbauers bekannt gemacht, sich von seinem Bestand zu trennen. Für den Consultant war die Übernahme nicht das erste Mal. Und das zweite Mal auch nicht.
Wie berichtet: Im Dezember 2019 hatte der Pensionsfonds von Willis Towers Watson als Finanzierungsvehikel zunächst Pensionsvermögen in Höhe von rund 2,6 Mrd. Euro für rund 10.000 Betriebsrentner von der RWE Pensionsfonds AG übernommen.
Konnte der Pensionsfonds des Consultants damit schon ordentlich an Kampfgewicht zulegen – von ca. 1,1 Mrd. auf 3,8 Mrd. Euro – und war damit zum fünftgrößten Pensionsfonds Deutschlands aufgestiegen, legte er kurz darauf nochmal nach:
Ebenfalls im Dezember übertrug wie ebenfalls schon vermeldet die MAN Gruppe die gesamten Pensionsverpflichtungen des MAN Pensionsfonds auf den Willis Towers Watson Pensionsfonds.
Wie WTW nun heute bekannt gab, hat der eigene Pensionsfonds (gegr. 2013) damit Pensionsvermögen in Höhe von etwa 619 Mio. Euro für rund 22.000 Betriebsrentner übernommen. Das Sicherungsvermögen des Vehikels liegt nun bei rund 4,5 Mrd. Euro von aktuell 38 Trägerunternehmen.
Lust vergangen?
Und warum das Ganze? Der MAN Pensionsfonds ist schließlich ein langgedienter, etablierter Veteran dieses in Deutschland noch recht jungen Durchführungswegs. Die Antwort überrascht nicht wirklich:
„Die regulatorischen Anforderungen an den Betrieb eines Pensionsfonds sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Nicht zuletzt daher lag es nahe, die Auslagerung auf einen spezialisierten Dienstleister zu prüfen, um Skalenvorteile zu nutzen und eine Entlastung vom Verwaltungsaufwand zu erzielen. Zudem können wir über einen externen Pensionsfonds flexibler auf etwaige Veränderungen in der Konzernstruktur reagieren“, lässt sich Horst Grögler, Head of Pension Asset Management bei MAN, zitieren.
„Willis Towers Watson betreute den MAN Pensionsfonds seit seiner Gründung 2007. Daher haben wir uns auch in Bezug auf diese Transaktion für Willis Towers Watson entschieden, um eine nahtlose Fortsetzung des bestehenden Betriebs zu gewährleisten,“ so Grögler weiter.

Die Übertragung wurde, wie WTW nun mitteilte, innerhalb eines halben Jahres vorbereitet und zum 16. Dezember 2019 vollzogen. Dabei legt man offenbar besonders mit Blick auf die Berechtigten Wert auf Kontinuität. Auch nach der Übertragung behalte MAN weiterhin maßgeblichen Einfluss auf die Betreuung der Versorgungsberechtigten und die Anlage des Pensionsfondsvermögens. Dabei stünden nach wie vor die Werthaltigkeit, Sicherheit und Rendite des Pensionsvermögens im Vordergrund, so WTW weiter. Für die aktuellen und künftigen MAN-Betriebsrentner ändere sich durch den Wechsel auf einen externen Anbieter nichts. Rentenhöhen, Zahlungstermine und Ansprechpartner für Fragen zur Betriebsrente blieben gleich.
Schon zehnmal gemacht
Unter Verweis auf mehr 2.000 Unternehmen, die sich in Deutschland bei der Durchführung ihrer bAV von WTW unterstützen lassen, und die diesbezügliche fachliche Expertise betont Heinke Conrads, Leiterin Retirement Germany & Austria des Consultants, die Skalen- und Qualitätsvorteile sowie die unternehmensindividuell passende bAV-Anschlusslösungen (z.B. bei Neuausrichtungen, Veränderungen von Konzernstrukturen oder M&A), die man den Kunden biete.

Michael Karst, Vorstandsvorsitzender der Willis Towers Watson Pensionsfonds AG ergänzt mit Blick auf die Vielzahl fachlich komplexer Fragen und regulatorischer Anforderungen einer solchen Übernahme: „Seit 2014 haben wir – einschließlich MAN – insgesamt zehn Fälle erfolgreich begleitet, in denen von anderen Pensionsfonds Bestände auf den Willis Towers Watson Pensionsfonds übertragen wurden.“
Bemerkenswert: Insgesamt haben solche Bestandsübertragungen, die einer Genehmigungspflicht durch die BaFin nach dem VAG unterliegen, seit 2002 insgesamt erst dreizehnmal in Deutschland stattgefunden
Zu denken geben
Fazit von LEITERbAV: Die gute Nachricht ist, dass es in Deutschland Anbieter und Strukturen gibt, mit denen sich solche komplexen Übertragungen offenbar reibungslos umsetzen lassen.
Weniger gut ist, dass selbst große Konzerne, die wie MAN über personelle und finanzielle Ressourcen als auch lange Erfahrung in der bAV verfügen, infolge der Regulatorik (vom Niedrigzins ganz zu schweigen) anscheinend an Lust verlieren, unternehmenseigene bAV zu betreiben – und diese stellt schließlich den tiefen Wesenskern der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland dar. Immerhin scheint dies noch kein Massenphänomen in der deutschen Industrie zu sein, und regulatorische Verbesserungen haben wir punktuell (!) auch gesehen – so nutzt beispielsweise der Bosch Pensionsfonds mit Verve die noch jungen Möglichkeiten des 236 VAG.
Doch zu denken geben sollte die Entwicklung schon – in erster Linie der Politik, die bekanntlich an allen Fronten und Säulen der Altersvorsorge verzweifelt und teils nur mäßig geschickt um die Zukunft ringt. Einen der wenigen verlässlichen, meist selbstlos mitmachenden Akteur der zweiten Säule – den Arbeitgeber – zu verlieren, kann sie sich dabei weniger leisten denn je.
Apropos 236 und Bosch: Dirk Jargstorff wird in der bald erscheinenden Tactical Advantage Vol 3. die neusten Maßnahmen erläutern, wie der Bosch Pensionsfonds die Möglichkeiten umsetzt, die das deutsche Recht bietet.