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WTW Pensionskassentag 2024:

Von Kurs halten und roten Fäden …

Auf seiner turnusgemäßen Veranstaltung diskutiert ein Consultant mit Fachleuten Lage und Perspektive der deutschen bAV. Ein Fazit: Neben viel Aufwand, gesetzgeberischer Unklarheit und nicht einfachen Märkten lässt sich durchaus Stabilität konstatieren. Und um die Märkte ging es auch. Thomas Obenberger hat für PENSIONSINDUSTRIES einige der Inhalte dokumentiert.

Frankfurt am Main, 6. Juni: 40 Teilnehmer von 22 Pensionskassen treffen sich zum WTW-Pensionskassentag, um im Reigen der großen Frühjahrsveranstaltungen zur bAV die Herausforderungen speziell der Pensionskassen zu diskutieren. Die Agenda ist vielfältig und reicht von Regulatorik über Geldpolitik und Gesetzgebung bis zur Rechtsprechung. Im Folgenden einige Auszüge (und wie meist auf PENSIONSINDUSTRIES alle Aussagen zur besseren Lesbarkeit im Indikativ der Referenten):

Zwischen Erleichterung, Unruhe und Regulatorik

In ihrer Eröffnung weisen Hanne Borst, Head of Retirement bei WTW, und Tim Voetmann, Leiter der Pensionskassenberatung bei WTW, darauf hin, dass der Anstieg der Marktzinsen zwar mit Blick auf die dauernde Erfüllbarkeit der Garantien für Erleichterung sorgt, die Lage angesichts der wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen und ihren Auswirkungen auf Anlagestrategien aber unruhig bleibt.

Hanne Borst, WTW.

Zudem rücken die in den letzten Jahren rasant steigenden regulatorischen Anforderungen in den Fokus. Dies wurde durch eine Umfrage unter den Teilnehmern bestätigt, nach der sich mehr als die Hälfte (58%) der hier vertretenden Kassen aktuell primär mit der Umsetzung der Regulatorik befassen.

Die Ergebnisse zeugen von Zuversicht.“

Bedenklich ist, so Voetmann, dass die Attraktivität des Angebots nur vereinzelt im Fokus steht. Borst wirbt dafür, sich neben der Standort- auch verstärkt mit der Kursbestimmung zu beschäftigen, und bewertet die verfügbaren Optionen. Hier ergibt sich ein optimistisches Stimmungsbild: 70% der Teilnehmer geben an, gut aufgestellt zu sein und den eingeschlagenen Kurs halten zu wollen. Nur 26% sahen Bedarf für eine leichte Richtungskorrektur und neue Investitionen.

Tim Voetmann, WTW.

Was das „Betriebsrentenstärkungsgesetz II“ bringen soll, was nicht, und …

aba-Vorstandsvorsitzender Georg Thurnes gibt einen Überblick über mögliche anstehende gesetzliche Änderungen, die sich aus dem Fachdialog des BMAS und des BMF zur zweiten Säule vermutlich ergeben werden (Anm. d.Red.: Der RefE wurde zwischenzeitlich vorgelegt und entspricht im Wesentlichen den Einschätzungen Thurnesens).

Thurnes hebt hervor, dass trotz vieler zu begrüßender Änderungen doch auch einige für die Praxis wünschenswerte Punkte vermutlich nicht aufgegriffen werden – vor allem jene Themen, die in der aktuellen Haushaltslage seitens der Politik als zu kostspielig erscheinen, wie etwa die Abschaffung der Doppelverbeitragung, die Anhebung sowohl der 4%-Grenze für die Beitragsfreiheit und die Erhöhung der Obergrenzen des § 3 Nr. 63 EStG bei den versicherungsförmigen Durchführungswegen.

Georg Thurnes, aba und Thurnes-bAV.

Aber auch einige in arbeitsrechtlicher Hinsicht wünschenswerte Aspekte wie die Verbesserung der Möglichkeit zur Anpassung von Versorgungszusagen oder die Absenkung des Mindestgarantieniveaus bei der BZML werden es nicht in die Umsetzung schaffen, so der Referent.

Was dem Vernehmen nach aber kommen soll, sind die Erweiterung der Abfindungsmöglichkeiten, die Anpassung des § 6 BetrAVG und des § 232 VAG an die neuen Hinzuverdienstregelungen, die Ermöglichung von Opting out-Modellen auch im Wege von Betriebsvereinbarungen auf betrieblicher Ebene und Erleichterungen sowie Klarstellungen beim Sozialpartnermodell.

In versicherungsaufsichtsrechtlicher Hinsicht bewertet Thurnes in erster Linie die voraussichtliche Überarbeitung der Anlageverordnung, die Flexibilisierung von Bedeckungsregelungen für bestimmte Pensionskassen und die Verbesserung der Pufferungsmöglichkeiten bei der reinen Beitragszusage durchaus positiv.

Die zentrale Neuerung im Steuerrecht wird vermutlich die Ausweitung der Geringverdienerförderung sein, bei der es zu einer Anhebung und Dynamisierung der Einkommensgrenzen und einer Anhebung des Höchstbetrags kommen dürfte. Schade sei nur, dass der Fördersatz von 30% wohl nicht auch angehoben wird, so Thurnes.

wo ist der rote Faden?

Die Teilnehmer bemängeln den fehlenden roten Faden bei all diesen Neuerungen inklusive der ersten und dritten Säule. Thurnes teilt diese Einschätzung und hält es insb. mit Blick auf die gesetzliche Rente für wünschenswert, dass – ähnlich wie in Schweden – ein parlamentarisches Gremium gebildet würde, in welchem parteiübergreifend aufgrund einstimmiger Entscheidungen ein gemeinsamer zukünftiger Weg in Bezug auf die Rentenpolitik im Ganzen festgelegt wird.

Die Lage durch die „Brille der BaFin“: vom Stresstest …

Im Anschluss an Thurnes geht Günther Weißenfels, Referatsleiter Grundsatzfragen der bAV bei der BaFin, auf aktuelle Entwicklungen zu Pensionskassen aus Sicht der Aufsichtsbehörde ein und stellt eingangs seines Vortrags bereits heraus, dass in aufsichtsrechtlicher Hinsicht eine gewisse Stabilisierung der Situation der Pensionskassen festgestellt werden kann.

Guenther Weißenfels, BaFin (hier auf der HB-Tagung im November 2022). Foto Dietmar Gust.

Dies lässt sich der im letzten Jahr durchgeführten Prognoserechnung entnehmen, welche mit dem erfreulichen Ergebnis endete, dass weniger als 20 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht stehen.

Die Situation bei den Einrichtungen hat sich zuletzt verbessert, und nach Ansicht von Weißenfels wird diese Entwicklung auch weiter anhalten, selbst wenn aktuell davon auszugehen ist, dass das Zinsniveau wieder moderat absinken wird.

Nach dem Zinsanstieg des Jahres 2022 und der dadurch beobachteten Bildung von stillen Lasten hat sich die Situation inzwischen etwas gebessert. Inzwischen sind auf Branchenebene in der Nettobetrachtung wieder Bewertungsreserven vorhanden. Gleichwohl gibt es noch eine Reihe von Pensionskassen, die noch stille Lasten ausweisen. Durch die gesunkenen Bewertungsreserven ist die Risikotragfähigkeit der Branche belastet.

Der Stresstest wird einer Aktualisierung unterzogen.“

Im Jahr 2023 wurden zudem in bestimmten Anlagebereichen wie den Immobilien oftmals Abschreibungen notwendig. Dem Umstand, dass in diesem Jahr mit 18 Pensionskassen mehr Einrichtungen einen negativen Saldo als im Vorjahr aufweisen, misst Weißenfels keine übermäßige Bedeutung zu, da bei genauerer Betrachtung jeweils sehr unternehmensindividuelle Ursachen vorliegen. Abschließend kündigt der Aufseher noch an, dass der Stresstest aufgrund der angekündigten gesetzlichen Neuerungen einer Aktualisierung unterzogen wird, etwa um den Lockerungen bei der Bedeckung sachgerecht Rechnung zu tragen.

über den Höchstrechnungszins …

Im weiteren Vortrag widmet sich Weißenfels der zum 1. Januar 2025 anstehenden Anhebung des Höchstrechnungszinses, welche auch in seiner beruflichen Laufbahn Neuland bedeutet.

Der Referent stellt klar, dass die BaFin insoweit bei deregulierten Kassen, bei denen die Deckungsrückstellungsverordnung zwar unmittelbar gilt, eine Anhebung für das Neugeschäft gleichwohl prüfen wird. Auch bei regulierten Einrichtungen ist ein Rechnungszins von 1,0% im Neugeschäft nach Prüfung der künftigen Ertragslage genehmigungsfähig.

Dagegen steht die BaFin einer Anhebung des Garantiezinses für den Bestand sehr kritisch gegenüber, da das Zinsniveau aus Sicht der Aufsicht noch nicht wirklich stabil erscheint und für die Zukunft auch von einem Zinsrückgang ausgegangen werden muss. Die Empfehlung für die Kassen lautet daher, bei allen diesbezüglichen Entscheidungen selbstkritisch zu sein und streng risikoorientiert zu handeln.

Eine spontan durchgeführte Abstimmung unter den anwesenden Pensionskassenvertretern ergab aber ohnehin, dass derartige Gedanken aktuell nicht bestehen – ganz nach dem Motto „Auch ein Tarif mit niedrigem Rechnungszins und Überschussbeteiligung hat seinen Reiz“.

zum Fachkräftemangel

Abschließend geht Weißenfels noch auf die aktuell versandte Abfrage zum Fachkräftemangel ein, mittels derer die BaFin herausfinden möchte, ob die Einrichtungen trotz des bestehenden Fachkräftemangels ihre Leistungsfähigkeit aufrechterhalten und sämtliche regulatorischen Anforderungen vollumfänglich einhalten können.

Im Wesentlichen geht es der Aufsicht hier darum, ob ein bestehender Fachkräftemangel erkannt wird, sich die Einrichtung mit der Thematik ausreichend – auch im Rahmen ihres Risikomanagements – auseinandersetzt und welche Gegenmaßnahmen erwogen werden.

50 Jahre Betriebsrentengesetz – die Bayer-Pensionskassen im Wandel der Zeit

Claudia Picker beleuchtet im Anschluss anlässlich des 50. Jubiläums des Betriebsrentengesetzes am Beispiel der Bayer-Pensionskassen die historischen und aktuellen Herausforderungen, die sich seit Inkrafttreten des Arbeitnehmerschutzgesetzes gestellt haben und immer noch stellen:

Die vielfältigen Innovationen des Gesetzgebers – das BetrAVG wurde seit Bestehen rund 40-mal geändert – haben auch bei den beiden Konzernkassen mehr oder weniger umfangreichen Anpassungsbedarf ausgelöst. Als „Highlights“ hebt die stellv. Vorstandsvorsitzende der beiden Pensionskassen des Bayer-Konzerns hervor: die Erleichterungen für den Erwerb unverfallbarer Anwartschaften sowie die Aufgabe, die Fortführung der Versorgung im Falle der Entgeltumwandlung und auch der umfassten Eigenbeiträge zu gewährleisten, aber auch die Reaktion auf die geänderte Rechtsprechung des BAG zu den Anforderungen an die versicherungsvertragliche Lösung und die entsprechende anschließende Änderung des Betriebsrentengesetzes.

Die Umsetzung der Insolvenzsicherung bedeutete einen hohen einmaligen Zusatzaufwand.“

In der jüngeren Vergangenheit stellten insb. die infolge der mehrmals weiterentwickelten Rechtsprechung immer wieder geänderten Anforderungen an das Vorliegen der sog. Escape-Klausel des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG und die Umsetzung der gesetzlichen Insolvenzsicherung die größten Herausforderungen dar. Insbesondere letzteres bedeutete einen hohen einmaligen Zusatzaufwand, der aber aufgrund der durchgeführten Bestandsabgleiche mittlerweile auch zu einer verbesserten Datenbasis geführt hat.


Claudia Picker, Bayer (hier auf der HB-Tagung im November 2022). Foto Dietmar Gust.

Aktuell sind die Pensionskassen damit beschäftigt, einen sachgerechten Umgang mit der Thematik des Wegfalls der Hinzuverdienstgrenzen herzustellen. Gerade zu diesem Punkt begrüßt Picker die angekündigte Klarstellung im Gesetz.

Abschließend gefragt, welche gesetzliche Regelung die Referentin besonders gelungen halte, tendiert sie zu den Regelungen zum Sozialpartnermodell, auch wenn dieses aktuell in den Überlegungen von Bayer für eine Weiterentwicklung der bestehenden Versorgungslandschaft keine Rolle spielt.

Mögliche Erleichterungen bei den Bedeckungsanforderungen morgen…

Patrick Huber berichtet über die geplante gesetzlichen Flexibilisierung in Bezug auf die Bedeckungsanforderungen für bestimmte Pensionskassen (Anm. d.Red.: Der RefE wurde zwischenzeitlich vorgelegt und enthält entsprechende Regelungen):

Ausgehend von den derzeit geltenden Rahmenbedingungen, die eine jederzeitige Bedeckung der Verpflichtungen, eine jederzeitige Erfüllung der Solvabilitätsanforderungen und eine Einhaltung der regelmäßigen Stresstests verlangen und damit auf eine eher kurzfristige Betrachtung ausgerichtet sind, zeigt der Vorstandsvorsitzende der BASF Pensionskasse auf, dass das Geschäftsmodell der Pensionskassen einen eher langfristigen Fokus hat.

Die Leistungs- und Beitragscashflows sind in aller Regel gut planbar.“

Im Vordergrund steht dabei die lebenslange Rentenversicherung, die praktisch keine Stornorisken und damit auch keine unplanmäßigen Auszahlungsspitzen mit sich bringt. Zudem sind die Leistungs- und Beitragscashflows in aller Regel gut planbar, so dass eine Lockerung der Bedeckungsvorschriften durchaus gerechtfertigt erscheint.

Patrick Huber, BASF PK (hier auf der aba-Jahrestagung im Mai). Foto: Sandra Wildemann.

Der insoweit diskutierte Vorschlag zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes ließe – in Anlehnung an die schon bestehende Regelung für Pensionsfonds in § 239 VAG – eine zeitlich begrenzte Unterdeckung der versicherungstechnischen Verpflichtungen zu Buchwerten um bis zu 10% zu, sofern ein Bedeckungsplan zur Schließung der Unterdeckung mit einem oder mehreren Trägerunternehmen besteht. In bilanzieller Hinsicht wird die Unterdeckung durch die Einbuchung einer Forderung aus dem Bedeckungsplan ausgeglichen und im zeitlichen Ablauf durch jährliche Einzahlungen gemäß dem Plan aufgelöst.

Huber schließt mit der Hoffnung, dass – unterstellt, die gesetzliche Neuerung kommt so, wie von der Arbeitsgruppe aus Vertretern von aba und BaFin vorgeschlagen – die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung eines Bedeckungsplans nicht überzogen werden, damit sich in der Praxis auch Trägerunternehmen finden, die bereit sind, Bedeckungspläne abzuschließen. Der Referent zeigt sich erfreut, dass die BaFin offenbar bereits überlegt, die angedachte Flexibilisierung im Rahmen des Stresstests zu berücksichtigen.

und die Modifikation der Sterbetafeln schon heute

Volker Meusers, WTW.

Volker Meusers, Senior Director Retirement bei WTW und Verantwortlicher Aktuar der BASF Pensionskasse, gibt anschließend einen Überblick über aktuelle Ansätze bei der Überprüfung und Modifikation biometrischer Rechnungsgrundlagen:

Bei Pensionskassen finden oftmals bereits Modifikationen der weit verbreiteten Heubeck-Richttafeln Anwendung. Diese Modifikationen und insb. die damit berücksichtigten Sicherheiten erfordern jedoch mit fortschreitendem Lebenszyklus der Pensionskasse Neubewertungen bspw. im Rahmen von De-Risking- oder Bestandsübertragungsprojekten.

Aktuelle Entwicklungen im Leitzinsumfeld und die Makro-Lage an den Märkten

Martin Dietz nimmt eine Einordnung des aktuellen Zinsumfeldes in Europa und den USA vor. Mit einem detaillierten Vergleich der ökonomischen Situation in der Eurozone, den USA und China vor und nach der Corona-Pandemie erläutert der Head of Diversified Strategies von der Legal & General Investment Management (LGIM) die relevanten Determinanten der in den kommenden Monaten anstehenden Zinsentscheidungen:

Während eine überhitzende Wirtschaft und Vollbeschäftigung den Spielraum der amerikanischen Notenbank für Zinssenkungen deutlich einengen, muss die EZB den Spagat zwischen Inflationsbekämpfung und geldpolitischen Stimuli bewältigen.

Nach Ansicht von Dietz ist vor allem die Entwicklung in den USA für die Anlegerstimmung und für Wachstumswerte von Bedeutung, wohingegen steigende Schuldenquoten und die absehbare Überalterung der EU-Bevölkerungspyramide langfristige Treiber einer europäischen Wachstumsschwäche sein werden.

Martin Dietz, LGIM.

Angesichts des überraschend starken Wachstums in den USA überwiegen hier die Aufwärtsrisiken für die Inflation, wohingegen die EZB über die Rücknahme des Quantitative Easing kein erneutes Anheizen der zurückgehenden Inflation riskieren möchte.

In China gibt die fehlende Transparenz der Marktpreisbewertungen im Immobiliensektor Anlass zur Sorge.“

Dabei lenkt Dietz auch den Blick auf das eher geräuschlos verlaufende Auslaufen von Programmen wie dem CBPP und den (T)LTROs und erwartet die Beendigung weiterer Programme im Rahmen einer neutralen Fiskalpolitik. Zwar sind die realen Renditen von Euro-Staatsanleihen momentan auf dem höchsten Stand seit einem Jahrzehnt, aber nach der Rallye der vergangenen Monate erscheinen die Bewertungen nicht mehr so günstig. Auf lange Sicht erwartet Dietz ein Abklingen des Zinsniveaus in der EU aufgrund der strukturellen Wachstumsschwäche.

Bezüglich China gibt v.a. die fehlende Transparenz der Marktpreisbewertungen im Immobiliensektor Anlass zur Sorge. Neben verstärkter staatlicher Unterstützung fehlt es an offensichtlichen Wachstumstreibern, es drohen Fehlallokationen von Kapital und deflationäre Effekte.

Zum Schluss etwas Rechtsprechung: betriebliche Invalidenleistung und …

Thomas Obenberger, Willis Towers Watson.

Abgerundet wird die Veranstaltung mit einem kurzen Rechtsprechungsüberblick durch den Autor dieses Beitrages:

Anhand der jüngsten Rechtsprechung des BAG zeigt er zunächst die neuesten Erkenntnisse in Bezug auf die Ausgestaltung betrieblicher Invalidenleistungen auf. Mittlerweile herrscht Klarheit, dass die Gewährung einer betrieblichen Invalidenrente grundsätzlich davon abhängig gemacht werden darf, dass der Arbeitnehmer eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bezieht und zusätzlich rechtlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.

Etwas anderes gilt aber dann, wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses disponiert werden soll, Unsicherheit über Vorliegen der Invalidität dem Grunde nach und damit auch in Bezug den Anspruchserwerb besteht.

Weiterhin empfiehlt das BAG, in Versorgungsbestimmungen, die als Leistungsvoraussetzung lediglich das „Ausscheiden“ vorsehen, klarzustellen, ob damit eine rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder ein bloß tatsächliches Ausscheiden im Sinne eines Ruhens gemeint sein soll, um Auslegungszweifel zu vermeiden.

der Ausschluss rückwirkender Leistungsgewährung

Ausserdem legt der Autor in seinem Vortrag anhand einer Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz dar, in welchen Fällen eine Pensionskasse eine rückwirkende Leistungsgewährung nach Antragstellung ausschließen kann. Hierfür müssen klare Versorgungsbestimmungen vorliegen, die neben der Anspruchsentstehung auch deutlich regeln, dass eine Antragstellung mit Rückwirkung ausgeschlossen sein soll.

AUSSERDEM AKTUELL IM
PENSIONSINDUSTRIES Feuilleton:
Länder- und Städteberichte
Deutschland und Europa:
London
Bermondsey und Borough Market

Zudem geht er auf eine kürzlich getroffene Aussage des LAG Niedersachsen zur Einstandspflicht des Arbeitgebers ein, derzufolge der Arbeitgeber aufgrund der Subsidiärhaftung einzustehen hat, wenn der Anspruch vom Versorgungsberechtigten gegenüber der Pensionskasse wegen des Eintritts von Verjährung undurchsetzbar ist, eine Verjährung im Verhältnis zwischen Versorgungsberechtigtem und dem Arbeitgeber aber noch nicht gegeben ist.

Der Autor schließt seinen Vortrag – und damit auch die Veranstaltung – mit einer Zusammenfassung der Anforderungen, die nach Ansicht der Rechtsprechung erfüllt sein müssen, damit sich ein Arbeitgeber zurecht auf die Anwendung der sogenannten Escape-Klausel des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG berufen kann. Die Rechtsprechung verlangt hier nicht nur, dass die Voraussetzungen der Klausel bereits bei Eintritt des Versorgungsfalles uneingeschränkt und unabdingbar feststehen, sondern auch, dass die Überschüsse nach den versicherungsrechtlichen Vorgaben zutreffend ermittelt und anschließend sachgerecht zugeordnet werden.

Der Autor ist Director Retirement Legal bei WTW.

Von Autorinnen und Autoren von WTW sind zwischenzeitlich bereits auf PENSIONSINDUSTRIES erschienen:

CSRD-Umsetzung ante Portas (II):
Vermengt und vermischt ...
von Beatrix Tröger und Hendrik Sponagel, 14. Oktober 2024

CSRD-Umsetzung ante Portas:
Erfassen, um zu befreien?
von Beatrix Tröger und Hendrik Sponagel, 7. Juni 2024

WTW Pensionskassentag 2024:
Von Kurs halten und roten Fäden …
von Thomas Obenberger, 8. Juli 2024

CSRD-Umsetzung ante Portas:
Erfassen, um zu befreien?
von Beatrix Tröger und Hendrik Sponagel, 7. Juni 2024

#womeninpensions zum Weltfrauentag:
Spot on betriebliche Altersversorgung für diejenigen ...
von Dr. Claudia Veh und Hanne Borst

Neue bAV bei Stanley Black & Decker:
Aufbohren allein …
von Maggie Kranz, Christopher Schumbert und Sabrina Hoss, 6. Februar 2024

bAV-Prax Advertorial – Unternehmensliquidation und Betriebsrentner:
Garantie gibt dir einer …
von Dr. Rene Döring, Dr. Johannes Heiniz und Torsten Weißmeier, 24. November 2023

Weiter viel zu tun für deutsche EbAV:
DORA et labora ...
von Miriam Sautter, Thomas Obenberger und Tim Voetmann, 21. November 2022

Die Ampel-Agenda für die drei Säulen:
Default mit Strahlung …
von Dr. Michael Karst und Dr. Johannes Heiniz, 2. März 2022

EbAV-Regulatorik 2022:
DORAFISGVAITERBKRITIS …
von Miriam Sautter, Thomas Obenberger und Rafael Krönung, 31. Januar 2022

Branchentreff Industrie und Pensionskassen (II):
Von Regulatorik, Teilsanierung, PSV und RentÜG
Dr. Rafael Krönung, 12. August 2021

Der Versorgungsausgleich in der bAV-Realität (V):
Teurer, komplizierter, aufwändiger
Dr. Michael Karst und Dr. Andreas Hufer, 30. Juli 2021

Vergangenen Herbst in Erfurt (II):
CTA auf dem Prüfstand
Dr. Michael Karst, 25. Februar 2021

Die Industrie trägt vor:
Die bAV in den Zeiten von Corona
von Dr. Heinke Conrads, 21. Januar 2021

Der Versorgungsausgleich in der bAV-Realität (IV):
Der Aufwand legt weiter zu …

von Dr. Michael Karst und Dr. Andreas Hufer, 9. Oktober 2020

Der Versorgungsausgleich in der bAV-Realität (III):
Höhere Anforderungen an externe Teilung

von Dr. Michael Karst und Dr. Andreas Hufer, 16. Juni 2020

ICA 2018 in Berlin (V):
Andere Länder, ähnliche Sitten

von Jürgen Fodor, 18. Juni 2018

Konzept für eine effiziente Kapitalanlage:
Pensionsfonds plus Fiduciary Management

von Sabine Mahnert und Andreas Drtil, 24. Mai 2016

Der Tiefzins und Otto Normalverbrauchers Altersvorsorge
von Alfred Gohdes, 14. April 2016

Alf Gohdes im Interview: „…nach dem Motto ‚Jugend forscht’“
9. Dezember 2015

EIOPA und das Pan-European Personal Pension Product:
„So schlicht wie blauäugig“

von Alfred Gohdes, 8. September 2015

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.